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As muass immer öppis go

30.09.2015

As muass immer öppis go

Listige Augen hinter einer Brille, ein fester Händedruck zur Begrüssung. Laurenzia Cajacob aus Disentis/Mustér, setzt sich seit fast 50 Jahren dafür ein, dass Gemeinschaft in Disentis gelebt wird und nicht nur ein leeres Wort bleibt.

Sie turnt nicht nur mit älteren Semestern als Turnleiterin, sie organisiert auch Troccas-Nachmittage, Reisen und Wanderungen für die Mitglieder der Turngruppe, bringt als Verwalterin des Krankenmobilienmagazins Pflegebetten ins Safiental, Rollatoren nach Cumpadials, betreut als aktive Samariterin Sanitätsposten bei diversen Anlässen und hilft in der Kirchgemeinde mit.

Laurenzia Cajacob ist der lebende Beweis dafür, dass freiwilliges Engagement ein Jungbrunnen ist.

Kindheit in Disentis/ Mustér der 50er Jahre

Als Kind verbringt Laurenzia viel Zeit allein. Die Mutter ist als Hebamme oft tagelang in der Gemeinde unterwegs. Mit sichtlichem Stolz erwähnt Laurenzia, dass ihre Mutter in ihrer 50-jährigen Arbeitszeit mindestens zweitausend kleine Sursilvaner und Sursilvanerinnen beim Start ins Leben begleitet hat. Ein eigenes zweites Kind bleibt der Familie nach Komplikationen bei Laurenzias Geburt jedoch verwehrt. „Als Mädchen habe ich der Mutter oft gesagt, sie solle doch auch mal mir und nicht immer anderen ein Geschwisterchen bringen“.

Für Laurenzia bedeutet die Berufstätigkeit der Mutter, dass sie schon als Siebenjährige selbstständig aufsteht, zur Schule geht und das Mittagessen zubereitet. Ihr Vater, ein Schuhmacher, kümmert sich so gut es geht neben der Arbeit um sie. 

Voller Einsatz für die Mitmenschen

Das häufige Alleinsein während ihrer Kindheit hat Laurenzia geprägt. So ist die Gesellschaft anderer für sie enorm wichtig. „Mitmenschen in ihrem Alltag behilflich zu sein erfüllt mich mit Freude“, sagt Laurenzia und man glaubt ihr jedes Wort.

Seit sage und schreibe fünfundvierzig Jahren leitet die bewegungsfreudige Disentiserin das Seniorinnenturnen.  Als sie von ihrer Mutter dazu überredet wird, ist sie gerade mal 24 Jahre alt, in einem Alter, in welchem junge Leute heute eher andere Prioritäten haben als mit einer Gruppe älterer Frauen Ballspiele und Gleichgewichtsübungen zu machen.

Dies ist jedoch nur eine der vielen ehrenamtlichen Tätigkeiten Laurenzias. Etwa zur gleichen Zeit tritt die junge Frau der „uniun samaritana Mustér“ (Samariterverein Disentis) bei. Als sie angefragt wird, sich als Samariterlehrerin auszubilden und unter anderem Nothilfekurse zu erteilen,  sagt sie ohne Zögern zu und bringt im Anschluss Heerscharen von angehenden Auto-FahrerInnen die Grundlagen in Erster Hilfe bei.

In der katholischen Kirchgemeinde übernimmt sie verschiedene Ämter, so ist sie als Lektorin in den Gottesdiensten tätig und begleitet Familien von Verstorbenen im Gebet des Rosenkranzes.

Nicht zuletzt ist Laurenzia auch Mutter eines Sohnes und einer Tochter, ihre Eltern leben bis fast deren Tod im selben Haus wie sie, daneben sie immer berufstätig, zuweilen bis zu 70 %.

Nach Jahren als Poststellenassistentin und dem Betreiben einer kleinen Geschenkboutique im Dorf orientiert sich Laurenzia als 59 – jährige beruflich noch einmal total neu. In einem Alter, in welchem andere schon vom Ruhestand träumen, beginnt sie die Ausbildung als Pflegehelferin und macht ihre Passion zum Arbeitsalltag. Bis zu ihrer eigenen Pensionierung kümmert sie sich um die ältere Generation und arbeitet im Pflegeheim in Disentis. Laurenzia, die sämtliche Bewohner und Bewohnerinnen des Pflegeheims kennt und gerne einen Schwatz hält, ist überall gern gesehen.

Heute regt sie sich zuweilen auf über ältere Menschen die teilnahmslos in der Wohnung sitzen und sich im Alter abkapseln. „Viele sagen sich: Mir genügt mein Alltag-  und machen trotz Einsamkeit und Schwierigkeiten keinen Schritt aus dem Haus.“ Die rüstige Dame wünscht sich mehr Engagement und eine stärkere Beteiligung von Senioren und Seniorinnen am Dorfleben.

 

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